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Benötige ich als Führungskraft Führungsstärke und welche Stärken sind gemeint?
Na klar, werden Sie vermutlich spontan sagen. Schließlich kann nicht jeder führen. Führungsstärke ist ein Muss für Führungskräfte! Aber woran merken Sie, ob Sie Führungsstärke besitzen? Und welche Eigenschaften, Kompetenzen und welche Haltung sind damit verbunden?

Reicht es aus, wenn mit Führungsstärke „stark sein“ gemeint ist – im Sinne von: Macher sein, Alleinentscheider oder „Druckerzeuger“ sein? Oder bedeutet Führungsstärke, stets zu wissen, was richtig ist und zum Beispiel emotionale Situationen wie technische Problem zu lösen – nämlich mit Ja oder Nein, Richtig oder Falsch, Schwarz oder Weiß?

Führungsstärke als Führungskraft

Potenzialanalyse mit multimodalem Verfahren

Wenn ich als Beraterin Potenzialanalyse von potenziellen Führungskräften in Unternehmen durchführe, muss ich genau auf die Spur dieser Fragen gehen und muss beantworten, …

  • welche Stärken der Kandidat mitbringt,
  • wie die ermittelten Stärken im Hinblick auf allgemein-definierte sowie unternehmensspezifische Anforderungen einer Führungskraft zu bewerten sind,
  • welche Karriereschritte zu empfehlen sind, um die Stärken weiter zu entwickeln.

Für diese Potenzialanalyse setze ich ein multimodales Verfahren ein, das ich im Voraus gemeinsam mit den Unternehmen auf ihre Bedürfnisse und Bedarfe anpasse – zum Beispiel mithilfe der Frage: Welche konkreten Anforderungskriterien sind wichtig?

Ein Baustein des Verfahrens besteht aus den Ergebnissen des Bochumer Inventars zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung-BIP. In diesem Test geht es unter anderem um die Merkmale und Ausprägungen von Leistungs-, Gestaltungs- und Führungsmotivation, um das Arbeitsverhalten wie Analyse- und Handlungsorientierung, um soziale Kompetenzen wie Sensitivität oder Durchsetzungsstärke oder um die persönliche Konstitution wie emotionale Stabilität.

Zudem muss ich beurteilen, ob die Stärken im Wollen oder im Können liegen: Ist die Motivation ausgeprägt und nachvollziehbar, fehlt es jedoch an der methodischen Kompetenz, etwas umzusetzen? Lässt sich diese Kompetenz durch Praxiserfahrung fördern?

Die Potenzialanalyse erfordert auch, dass das Wahrgenommene und das Ermittelte – also die IST-Situation – einem SOLL gegenüber gestellt wird: dem erwünschten Bild einer Führungskraft in diesem konkreten Unternehmen und seinem Umfeld.

Auch wenn in diesem Blogartikel die spezifischen Anforderungen des Unternehmens außer Acht gelassen werden (z.B. die Werteorientierung), so muss für den Abgleich mit dem SOLL die generelle Frage beantwortet werden:
Wie muss die Führungskraft handeln und führen, damit sie die zukünftigen Herausforderungen bewältigen kann?

Menschen mögen Eindeutiges – egal ob Fach- oder Führungskräfte: Klare Ansagen geben Sicherheit.
Auch in den Medien taucht im Zusammenhang mit der Flüchtlingsdebatte mancherorts die Forderung auf, die Politiker sollen klare Kante zeigen. Für das Leben in einer Welt mit großen Herausforderungen und widersprüchlichen Aussagen, ist die Sehnsucht und Forderung nach eindeutiger Orientierung und nach einfachen Lösungen groß.

Klare Kante wird oft mit Führungsstärke verbunden. Aber zur wirkungsvollen Führung von Menschen und Organisationen taugt dieses Konzept meines Erachtens nicht. Vor allem, wenn klare Kante bedeutet, sich von vornherein für eine Richtung zu entscheiden und nicht offen zu bleiben für das, was auch möglich wäre.

In den immer komplexer werdenden Führungssituationen ist ein dominanter Führungsstil nicht tauglich als Führungsmodell und kann nicht als Führungsstärke bezeichnet werden. Es gibt für alle Probleme stets mehrere Lösungen, die unter Umständen nur nach langen und zähen Aushandlungsprozessen zu finden sind. Der Spagat für eine Führungskraft besteht darin, einen eigenen Standpunkt einzunehmen, diesen zu vertreten und trotzdem für einen Perspektivwechsel bereit zu sein, um andere Meinungen zu verstehen.

Führen heißt: Leben, Denken und Handeln zwischen Gegensätzen!

Die Herausforderung für Führungskräfte besteht darin, mit unterschiedlichen und widersprechenden Interessen zwischen Menschen und Unternehmen umzugehen und einen Ausgleich herbeizuführen. Wenn dies nicht gelingt, werden sie auf lange Sicht scheitern; davon bin ich überzeugt.

Da Führung in einem System stattfindet, kann sie nicht von einem persönlichen Merkmal abhängen. Das Handeln in diesem Führunssystem ist zwar auch von der eigenen Person abhängig – aber nicht nur – sondern davon, wie die Menschen sich darin verhalten, wie Arbeitsbeziehungen und Rollen gestaltet sind, wie die Aufgaben und Erwartungen gestellt werden, wie die Rahmenbedingungen und das Umfeld aussehen. Es sind viele Faktoren, die zusammenwirken, die konträr und nicht berechenbar sind.

Führung – und damit die Führungskraft – hat eine integrierende Funktion: Führung muss für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und ihrer Mitglieder sorgen – mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Die Bereiche, die Führung benötigen, umfassen Struktur, Strategie, Personen und Kultur. Diese Felder müssen durch Führung gestaltet und am “Leben erhalten” werden.

Die wichtigsten Stärke-Ressourcen für die Führungskraft, um diese Felder und das System weiter zu entwickeln, sind ihre sozialen Stärken: Der Art und Weise, wie Dialoge geführt werden, wie Feedback gegeben wird, wie Konflikte gelöst, wie verhandelt und reflektiert und wie Beziehungen gestaltet werden. Kurzum: wie aus Einzelteilen und Gegensätzen ein funktionierendes und lebendiges Ganzes wird.

Wie sieht das Handeln und Verhalten von Führungskräften in solchen Situationen aus?
Einige Beispiele:

  • Führungskräfte sind berechenbar UND flexibel.
  • Sie können sich durchsetzen UND sich anpassen.
  • Sie sind initiativ UND zurückhaltend.
  • Sie planen systematisch UND probieren auch mit Versuch und Irrtum aus.
  • Sie sind nicht immer einverstanden UND doch loyal zu Kollegen, Chef und Mitarbeiter.
  • Sie sind im Dialog nah an den Menschen UND nutzen trotzdem Distanz und Rückzug.

Dies alles und noch viel mehr sind Führungskräfte nicht gleichzeitig, aber sie erkennen, welches Verhalten wann notwendig und richtig ist.

Um den heutigen Herausforderungen eines Führungsalltags gerecht zu werden, gibt es demnach keinen richtigen sondern nur einen eigenen Führungsstil; es ist ein Führungsstil, der sich an eigenen Vorstellungen und Werten orientiert sowie sich auf die jeweilige Situation einstellt und anpasst. Ein Beispiel: Ob eine Führungskraft sich mit ihrer Entscheidung durchsetzen oder mit ihren Argumenten zurückhalten soll, kann nicht für alle und immer eindeutig beantwortet werden. Alle Risiken und Chancen, alle Aspekte und Wirkungen müssen überlegt und sorgfältig abgewogen werden, bevor gehandelt wird. Dies erfordert oft einen längeren Reifungsprozess!
(Wie Sie durch einen bewussten Umgang mit den Erwartungen an die Führungsrolle zu einem eigenen Stil finden, lesen Sie in diesem Blogartikel hier)

Führungsstärke bedeutet deshalb, über eine Vielzahl an anpassungsfähigen Verhaltensweisen zu verfügen, um handlungsfähig zu bleiben und sich wohlzufühlen.
Eine persönliche Stärke, die zur Führungsstärke beiträgt, ist übrigens die Ambiguitätstoleranz: Es ist die Fähigkeit, mit Unsicherheit und Spannungen zu leben, ohne daran zu zerbrechen und ohne die damit verbundenen Konflikte auf andere zu übertragen. Sie führt zu einer gewissen Gelassenheit – im Sturm der Spannungen.
(Lesen Sie mehr zur Ambiguitätstoleranz und wie Sie diese Fähigkeit stärken können hier und hier)

Mein Fazit zur Führungsstärke

Führungsstärke erkennen Sie am Ergebnis des Führungshandelns – wenn es gelungen ist, Kooperation, Kompromisse oder Konsens herbeizuführen – durch eine Haltung von Respekt und Wertschätzung.

Dieser Artikel ist ein Beitrag zur Blogparade #wassindstärken von Svenja Hofert, Inhaberin von Karriere und Entwicklung.
 
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