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Neulich habe ich von einer lieben Freundin ein Buch erhalten, das sich dem Thema Älterwerden auf eine spirituelle Weise nähert und Tipps gibt, wie Übergangsphasen gemeistert werden können. Meine Freundin hat es präzise gespürt: Es trifft mein derzeitiges Nachsinnen darüber, wie ich mein Leben ausrichten möchte – was mir wichtig ist.

Letztes und dieses Jahr musste ich mehrere Sterbephasen und damit verbundener Tod im engsten Familien- sowie im Freundeskreis miterleben. Das lässt mich nachdenken und macht mich betroffen. Die Vergänglichkeit wird fühlbar und verbleibende Jahre – auch bei einem gesunden Leben – sind abzählbar.
Liegestuhl am Gartenteich

Nicht, dass ich wegen mir selber Sorgen machen müsste: Ich bin gesund, beruflich gut im Geschäft und immer noch sehr motiviert, viel zu lernen. Ich genieße ein gutes Leben.

Doch es bleibt nicht aus, Erfahrungen des Älterwerdens zu machen, bei denen ich mich vergleiche: Ich fühle mich von den Jungen genau beäugt und deshalb öfters deplatziert – wie zum Beispiel, wenn ich mich an der Uni bewege, oder wenn ich meine Angebote persönlich vorstelle. Ich merke, wie mein Gegenüber – Entscheidungsträger zwischen 30 und 40 – sich fragt, wie ich mit dem, was ich zu sagen habe, zum Unternehmen oder zu den Kunden passe. Denn – ja, ich bin über 60.

Stimmt, ich mag nicht dem landläufigen Bild eines Menschen von 60 Jahren entsprechen – aus unterschiedlichen Gründen. Trotzdem, auch bei mir ist das Alter nicht spurlos vorbeigegangen und mein Äußeres entspricht nicht mehr dem einer 50- oder gar 40-Jährigen. Und einige Einschränkungen durch mein Alter sind wirklich nicht schön zu reden.

Suche ich bei Google nach „Frauen ü60“ finde ich zuhauf Anleitungen für Mode, Gesundheit, Fitness, Reisen oder ehrenamtliches Engagement. Das ist es, für das sich Ältere interessieren – vermutlich noch um’s Großelternsein ergänzt. Berufstätigkeit von Frauen kommt in diesem Alter wenig vor.

Auch ich selbst merke, dass sich meine Interessen verschoben haben und ich nicht mit denjenigen von jüngeren Frauen gleichziehe. Vieles habe ich schon ausgeschöpft:

  • Sportliche Erfolge habe ich vor dreißig Jahren genossen – z.B. am Himalaya oder in den Schweizer Bergen.
  • Meine berufliche Karriere hat ihre Höhepunkte schon erreicht – z.B. als geschäftsleitende Führungskraft, als Autorin, Lehrbeauftragte, Aufsichtsrätin.
  • Meine Familiengründung und das Jonglieren von Beruf und Familie liegen weit hinter mir.
  • Die Arbeit an meinem Selbst habe ich schon vor vierzig Jahren begonnen – z.B. durch eine klassische Psychoanalyse, durch jahrelange Selbsterfahrung, durch Meditation und Tai Chi und phasenweise durch ein bewusst einfaches Leben u.Ä.
  • Meine künstlerischen Seiten habe ich mehrfach weiterentwickelt – z.B. als Buchbinderin oder mit Zeichnen und Malen.

Ich habe noch viel Kraft und könnte mein Leben nach dem bisherigen Lebensentwurf und Verständnis weiterführen. Aber ich spüre Zweifel und frage mich: Ist das wirklich richtig und gut, was ich tue und wie ich lebe? Oder kommt jetzt etwas anderes? Wie gestalte ich mein Leben im Hinblick auf ein endliches Leben hin? Was soll mein Lebensinhalt werden?

Die Frage, was mir wirklich wichtig ist, habe ich mir in größeren Abständen immer wieder gestellt und meine Wege entsprechend ausgerichtet. An Motivation und Mut fehlte es mir nie. Ich habe mich über Jahrzehnte – nebst einigen Anpassungen – wenig an Konventionen gehalten und bin meinem inneren Drang gefolgt. Nachdem ich zahlreiche Jahre rastlos unterwegs war und Vieles ausprobiert habe, bin ich jetzt schon eine längere Zeit “gesettelt” und will es auch bewahren. Ich bin dankbar, eine innere und äußere Heimat gefunden und eine wunderbare Familie gewonnen zu haben.

Jedoch, ich stelle jetzt fest: Ich bin am Übergang in einen neuen Lebensabschnitt. Ich frage mich: Was bedeutet dies für mich? Was muss ich loslassen? Wie richte ich mich neu aus?

Ich nehme für den Moment einen starken Wunsch nach Rückzug wahr und spüre gleichzeitig eine Art Traurigkeit – vermutlich, weil ich merke, dass es auch Abschiednehmen bedeutet: Mich verabschieden von Einstellungen, die sich von meiner Leistungsfähigkeit und meinen Leistungen herleiten. Wer weiß, vielleicht werden Beziehungen stärker in den Fokus meines Selbstverständnisses rücken, auch wenn ich meine bisherigen Tätigkeiten (Coaching, Consulting und Training) weiter ausübe. Vielleicht verändert sich die inhaltliche Ausrichtung.

Mir ist klar, dass es um einen grundlegenden Übergang geht. Ich sehe mich im Wandel und meine Aufgabe darin, meinen neuen inneren Bildern auf die Spur zu kommen.
Wo kann ich Orientierungspunkte und einen Bezugsrahmen finden? Ich bin überzeugt, dass mir Gespräche mit mir wichtigen Menschen, das Alleinsein, die Natur, Literatur und Kunst weiterhelfen können.

Diese Sommerferien werde ich deshalb bewusst dafür nutzen, mich mit dem Thema Älterwerden auseinandersetzen. Dafür habe ich zum Beispiel schon viele Bücher geordert und viele Ideen, wo und wie ich mich entspannen möchte, um besser nach innen horchen zu können.

Falls es Sie interessiert, halte ich Sie gerne auf dem Laufenden, wenn ich etwas Wichtiges herausgefunden habe. ;-)

Auf jeden Fall wünsche ich allen Lesern viele glückliche Sommermomente – am Wasser, in den Bergen oder auf dem flachen Land – und tiefe Zufriedenheit, wo immer Sie stehen oder was immer Sie tun.

Ganz herzlich
Barbara Simonsen