+49 (0)4541 604558 info@simonsen-management.de

Oft höre ich während meiner Organisationsberatungen in Einrichtungen des Sozial- und Bildungswesens von Enttäuschungen im Zusammenhang mit Kooperationen oder strategischen Partnerschaften: Geschäftsführer berichten, wie sie anfangs voller Elan auf andere Einrichtungen zugegangen sind, um eine Kooperation zu initiieren – sei es für eine punktuelle oder zur längerfristigen, verzahnten Zusammenarbeit.

Strategische Gründe geben den Ausschlag, Kooperationen zu bilden – wie zum Beispiel:

  • Stärkung der Marktposition
  • Zugang zu neuen Kundengruppen
  • Verlängerung der Wertschöpfungskette
  • Bündelung von Ressourcen und Technologien

©Halfpoint / shutterstock.com

Kooperationen bergen Risiken

Oft ist nach einer Enttäuschung jedoch die Bereitschaft, sich auf eine neue Kooperation einzulassen, sehr gering – auch wenn eine solche Partnerschaft für das Überleben des eigenen Unternehmens wichtig wäre.
Aber die Erfahrung zeigt: Eine Kooperation kostet Zeit, Nerven und möglicherweise auch Geld!

Mindestens die Hälfte meiner Kunden ist bei einem Kooperationsvorhaben schon gescheitert, weil während der Kooperation massive Schwierigkeiten aufgetreten sind: Zum Beispiel machten die Akteure Erfahrungen mit zeitintensiven Abstimmungsprozessen – aufgrund konträrer Standpunkte oder weil die Konflikte überhandnahmen beziehungsweise weil das „Vorwärtsgehen“ nicht im gleichen Tempo erfolgte. Oft verstärkten sich zudem die Bedenken, zu viel von der Eigenständigkeit preisgeben zu müssen.

Diese und ähnliche Gründe sind ausschlaggebend, dass strategische Kooperationen nach einer gewissen Zeit aufgegeben werden.

Kooperationsmanagement ist Widerstandsmanagement

Worauf müssen Kooperationsinteressierte demnach achten, damit kooperatives Zusammenarbeiten gelingt? Wie funktioniert ein Kooperationsmanagement?

Bei meiner Recherche machte ich zwei Artikel von Melanie Franz ausfindig. Die Autorin Franz geht davon aus, dass Kooperationsmanagement Widerstandsmanagement bedeute. Als Fazit ihres Forschungsprojekts über Kooperationen von Weiterbildungs- und Kultureinrichtungen gibt sie wichtige Anregungen zum Umgang mit Widerständen, die in Kooperationen auftreten.

Was hat die Wissenschaftlerin beobachtet? Wie bewertet sie die Widerstände und welche Lösungen schlägt sie vor?

Widerstand entsteht durch Gegensätze

Drei gegensätzliche Bestrebungen begünstigen einen Widerstand in Kooperationen und damit das Entstehen von Konflikten:

  • Autonomie und Bindung: Angst vor Autonomieverlust aufgrund von Abhängigkeit, die unvermeidlich in Kooperationen auftritt
  • Kulturelle Einheit und Vielfalt: Angst vor Identitätsverlust aufgrund von Zugehörigkeiten zu mehreren (meist zwei) organisationalen Strukturen
  • Nähe und Distanz: Streben nach Nähe und Zusammenarbeit bei gleichzeitigem Wunsch nach Distanz und Abstand

Schwierigkeiten von strategischen Kooperationen

    Durch eine Kooperataion werden die Anliegen von mindestens zwei Unternehmen verknüpft. Dadurch entsteht ein neues System, in dem die Personen und Organisationen zugleich Partner, Konkurrenten und Wettbewerber sind. Eine schwierige Gemengenlage!
     
    Durch die Partnerschaft fehlt eine hierarchische Struktur, wie sie in traditionellen Unternehmen üblich ist. Die laterale, gemeinsame Steuerung verunsichert, und es entstehen Machtkämpfe.
     
    Eine Kooperation schafft Abhängigkeiten und intransparente Verhältnisse. Dadurch sind die Aushandlungsprozesse langwierig und die Kontrollschleifen aufwändig.
     
    Während Führungskräfte sich in ihrem eigenen Unternehmen um Stabilität, Identität und Routinen kümmern müssen, werden diese Faktoren in der Zusammenarbeit „ausgehebelt“: Routineabläufe sind nicht vorgegeben und Prozesse nicht definiert. Es entsteht Instabilität.

Widerstand in Kooperationen deuten und einordnen

Um dem auftretenden Widerstand in Kooperationen erfolgreich begegnen zu können, müssen die Faktoren geklärt werden, die diesen ausgelösen. (siehe gegensätzliche Bestrebungen als Auslösefaktoren weiter oben)
Zudem:
Wie kann der Widerstand eingeordnet und bewertet werden?

    A) Ist der Widerstand ein Feld für Verbesserungen?
    Fragen dazu: Was müssen die Beteiligten zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit optimieren, damit sie zufrieden sind? Geht es um Macht, Status, Konzepte, Strukturen, Prozesse, Finanzen, Rechtsformen etc.?
     
    B) Ist der Widerstand ein Zeichen unterschiedlicher Führungs- und Managementstile?
    Frage: Wenn ja, können die Unterschiedlichkeiten angepasst werden oder ein Verständnis für einander erzeugt werden?
    Diese Bewertung könnte als Anlass zur Reflexion und für einen gemeinsamen Dialog genommen werden, um die Verhaltensweisen zu hinterfragen und sich zu verständigen.
     
    C) Ist der Widerstand ein Zeichen für eine Grenze der Veränderung?
    Frage: Wenn ja, kann die dadurch verlangsamte Kooperationsprozesses zu mehr Reflexion führen? Bietet diese Entschleunigung vielleicht die Möglichkeit, die Kooperationsform zu korrigieren und die möglicherweise notwendige Stabilisierung des eigenen Organisationssystems ins Lot zu bringen?
     
    D) Ist der Widerstand eine Reaktion auf den Erwartungs- und Anpassungsdruck?
    Hierbei wird der Widerstand meist nicht als Anlass zum Lernen genommen, sondern als Grenze der Zusammenarbeit betrachtet. Mit dem Abbruch der Kooperation soll die unternehmerische Selbstbestimmung zurückgewonnen werden.

Kooperationsmanagement für den Umgang mit Widerständen

Wie oben erklärt, entstehen Widerstände aus unterschiedlichen Gründen und können verschieden gedeutet werden. Der Umgang mit dem Widerstand selbst kann ebenfalls nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen.
Franz beschreibt vier unterschiedliche Bearbeitungsmöglichkeiten – abhängig von der Bewertung des Widerstands und der Orientierung an eigenen Zielen oder den Belangen des Kooperationspartners:

Quelle: Franz, M. (2013), S. 35

Quelle: Franz, M. (2013), S. 35

Folgende Handlungsmöglichkeiten stehen zur Wahl:

    1) Ausweichen: Hier ist die Motivation einer Kooperation im Vordergrund. Wird die Motivation eines Partners als schwach eingeschätzt, wird die Kooperation in geringerer Intensität als bisher weitergeführt. Einer der Akteure sucht als Lösung für sich neue Partner, um einen Ausgleich zur bisherigen, schwierigen Kooperationssituation herzustellen.
     
    2) Ausbau: Bei dieser Option wird die Kooperation weiter ausgebaut – durch kooperative Aushandlungsprozesse: Der störende Konflikt wird thematisiert, die Ursachen be-sprochen und die gemeinsamen Interessen zur Kurskorrektur in den Mittelpunkt ge-stellt. Bei diesem Relaunch der Kooperation werden die Vereinbarungen neu geregelt, damit sich ein „Gleichschritt“ entwickeln kann.
     
    3) Anpassung: Bei diesem Bearbeitungsweg unterwirft sich einer der Partner dem Bedürfnis des anderen: Macht und Abhängigkeit spielen eine Rolle. Meist fußt die Zusammenarbeit auf Skepsis und Zweifel; es fehlt an Vertrauen. Kosten und Nutzen werden abgewogen. Beim Fortgang der Kooperation wechselt der Widerstand immer wieder die Seiten – mal ist der eine Partner resistent, mal der andere.
     
    4) Abbruch: Die Kooperation wird beendet, weil ein gemeinsamer Nenner nicht weiter im Mittelpunkt steht. Standpunkte sind nicht in Übereinstimmung zu bringen; gewünschte Verhaltensänderungen bleiben aus. Es fehlt an Motivation, die Widerstände gemeinsam zu bearbeiten und nach einer Lösung zu suchen. Der Abbruch führt oft dazu, anschließend das Profil der eigenen Organisation wieder zu schärfen bzw. gezielt Folgekooperationen einzugehen.

In der Praxis stehen diese oben genannten Handlungsoptionen meist nicht in reiner Form auf; sie mischen sich oder verlaufen nacheinander.

Tipps für gelingende Kooperation

  • Wählen Sie den Kooperationspartner sowohl nach strategischen Gesichtspunkten wie nach der gemeinsamen Wertebasis und Kooperationsbereitschaft/Kooperationskompetenz aus.
  • Fragen Sie sich im Voraus, ob das Miteinander auch auf der Beziehungsebene tragfähig sein wird: Ist die Beziehung ausreichend von Empathie geprägt? Ist Vertrauen möglich – auch in Krisenzeiten?
  • Klären Sie rechtzeitig Themen wie Rechtsform, Nutzungsrechte für gemeinsame Produkte, Wissen und Ideen etc.
  • Verständigen Sie sich im Vorwege mit dem Kooperationspartner über Strategien und Vorgehensweisen zur Klärung von Widerständen und Konflikten. Und wenn Missstimmungen und Spannungen entstehen, betrachten Sie diese als “natürlichen” Bestandteil von Kooperationen.
  • Analysieren und beurteilen Sie auftretenden Konflikte und Widerstände. Nehmen Sie Widerstand grundsätzlich als Anlass für Reflexion und Verbesserung.
  • Denken Sie über Ihre Bereitschaft nach, Konflikte zu verhandeln, indem Sie und Ihr Kooperationspartner Ziele und Interessen in den Mittelpunkt stellen.
  • Treffen Sie keine voreiligen und unbedachten Entscheidungen, die Sie und die Kooperationspartner beschädigen. Lassen Sie die Entscheidung über die richtige Handlungsoption reifen.
  • Lassen Sie sich nach einem Kooperationsabbruch nicht entmutigen. Suchen Sie – und nach einer gewissen Auszeit und mit entsprechendem Ziel – erneut eine Kooperation. Gehen Sie nach den ersten Erfahrungen noch gezielter bei der Auswahl und achtsamer bei der Kooperation selbst vor.

Viel Erfolg!
 
Literatur:

  • Franz, M. (2013): Wege zu einer gelasseneren Kooperationspraxis: Bausteine eines widerstandssensiblen Kooperationsmanagements, In: Zeitschrift für OrganisationsEntwicklung, 02/2013, S. 32-38
  • Franz, M. (2014): Auftreten, Bearbeitung und Bedeutung von Widerstand in Kooperationen der Weiterbildung, URL: www.die-bonn.de/doks/2014-widerstand-01.pdf (Abruf am 08.03.16)

 
Und nun sind Sie dran: Teilen Sie diesen Artikel in den sozialen Medien und mit Ihren Freunden. Vielen Dank!