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Vor dieser Fragestellung stand ich ganz zu Beginn des Verfassens von „Die ersten 100 Tage als Führungskraft“ – ein online-gestütztes Trainingsprogramm, das in einem Monat im managerSeminare Verlag erscheint (Co-Autorin Marit Alke als Online-Didaktikerin): Welches Führungsverständnis lege ich dem Konzept zu Grunde? Welche Führungstheorie verfolge ich? Habe ich ein bestimmtes Bild vor Augen, wie eine Führungskraft sein soll?

Da ich selbst über langjährige Führungserfahrung verfüge und vielen Team-, Abteilungs- und Bereichsleitungen bei der Führungsübernahme und Einarbeitung geholfen habe, war nicht die Praxis das Problem, dass ich mir diese Fragen gestellt habe. Und die Theorie auch nicht: Dafür habe ich Unternehmensführung studiert.

Allerdings bin ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen und dem Austausch mit Führungskräften der Ansicht, dass eine einzelne Führungstheorie als Grundlage für eine wirksame Führung im 21. Jahrhundert nicht hilfreich ist. Denn jede Theorie für sich bietet zu wenig Handlungsoptionen – und sei sie noch so trendy – da sie sich meist nur auf einzelne Aspekte wie persönliche Eigenschaften, Verhalten, Beziehungen, Rollen oder Systeme konzentriert.

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Die Schwierigkeit sah ich besonders darin, simple Anweisungen zu geben: Tu dies, tu jenes! Bekanntermaßen ist das Führungshandeln nicht einfach. Die Anforderungen und die Führungssituationen sind kompliziert – wenn nicht gar komplex. Und der Führungswechsel ist eine diffizile Angelegenheit, der gelingen kann oder auch nicht. Helfen hier einfache Tipps wirklich weiter? Denn anders als bei einem Coaching, bei dem ich den Lern- und Entwicklungsprozess prozesshaft begleiten kann, muss ich mich in einem schriftlichen Trainingsprogramm eindeutig festlegen. Die Hinweise müssen für alle Leser gelten.

Wenn ich Literatur und Artikel von verschiedenen Blogs lese, bin ich immer wieder erstaunt, welche Forderungen generell an Führungskräfte gestellt werden: Führungskräfte müssen charismatisch sein. Sie müssen Mitarbeitende auf Augenhöhe führen. Sie sollen für Sinn und Werte sorgen. Führungskräfte müssen auf die Wünsche der Mitarbeitenden eingehen und sich um sie kümmern.
Man könnte beim Lesen meinen, Führungskräfte müssten eine Idealperson verkörpern, keine Schwächen haben, und sie seien für das psycho-physisch-soziale Gleichgewicht der Mitarbeiter verantwortlich – sonst droht Burn-Out bei den Mitarbeitern.
Diese Forderungen sind in gewisser Weise auch nachvollziehbar, steht das Arbeitsleben doch unter einem enormen Ökonomisierungs-Zwang und Werteverlust. Die Mitarbeiter erleben direkt die Auswirkungen eines ungezügelten Kosten-Nutzen-Kalküls. Dass ihre Wünsche nach menschenbezogener Führung immer lauter werden, ist deshalb verständlich.

Wonach sollte ich also mein Trainingskonzept für Führungskräfte für die ersten 100 Tage ausrichten?

Die Antwort war rasch gefunden: an den Situationen, in denen eine neue Führungskraft bei der Führungsübernahme stehen wird, an den Aufgaben der ersten Wochen.
Und die Ziele des Unternehmens wie der Führungskräfte, die durch die Handlungsempfehlungen erreicht werden müssen, heißen: Rasch Fuß fassen im Verantwortungsbereich und handlungsfähig werden, Vertrauen entwickeln und Akzeptanz erreichen.

Wodurch gelingt dies der neuen Führungskraft? Meine Antwort: Indem sie ein klares Startsignal für den Führungswechsel setzt, rasch Überblick über den Tätigkeitsbereich und das Unternehmen gewinnt, tragfähige Beziehungen mit den wichtigsten Stakeholdern (Vorgesetzter, Mitarbeitende und Kollegen) aufbaut, nach und nach die Zielausrichtung ermittelt und Veränderungen initiiert.
Auf diese Weise entstand ein Trainingskonzept, das die Führungskräfte strukturiert auf den Führungswechsel vorbereitet, gezielt durch die ersten Arbeitswochen leitet und nachhaltig die Führungskompetenzen ausbaut.

Meine Eingangsfrage zum Führungsverständnis rückte damit in den Hintergrund:
Nicht eine Führungstheorie oder ein Führungsstil standen im Vordergrund sondern die Aufgaben in den ersten 14 Wochen und die Rolle, die die Führungskraft übernehmen muss. Meine beschriebenen Handlungsoptionen geben in diesem Sinne einen Rahmen, an dem sich die neue Führungskraft orientieren kann. Sie erfährt, worauf es in der Einarbeitung ankommt, wo Stolpersteine liegen und wie sie Risiken minimieren kann.
In diesem Trainingskonzept stehen nicht Imperative an die Führungskraft im Vordergrund, wie sie sein sollte, sondern es zählen die Aufgaben, die gut gelöst werden müssen, damit die Ziele der Führungsübernahme gelingen.

Freuen Sie sich mit mir auf die baldige Veröffentlichung!