Die ersten Monate eines neuen Mitarbeiters in einem Unternehmen sind stets eine kritische Zeit: Der Einstieg kann erfolgreich verlaufen, aber auch schief gehen. Und der Start hat einen großen Einfluss auf die weitere Entwicklung, ob der Neue sich willkommen fühlt, gerne mitarbeitet, sich gut ins Team und ins Unternehmen integriert.
Welche Situation trifft der neue Mitarbeiter beim Arbeitsbeginn oft an?
- „Ich kann Ihren Namen nirgends finden.“ (Empfang)
„Für den Anfang muss das reichen.“ (unvorbereiteter Arbeitsplatz)
„Nächste Woche kommt ein Kollege und zeigt Ihnen alles.“ (Chef)
„Dafür bin ich nicht zuständig.“ (Kollege)
„Hat man Sie nicht informiert, dass heute das Team auswärts ist?“ (HR-Abteilung)
Welche Wirkung hat ein solcher Arbeitsstart?
Erstaunt es Sie, dass schon am ersten Arbeitstag ca. 15% aller Neuen an Kündigung denken? Bei den Führungskräften ist die Fluktion innerhalb der ersten 18 Monate noch deutlich höher. Und: Haben Sie als Firma schon einmal berechnet, was Sie eine Neubesetzung nach einer Kündigung in der Probezeit kostet?
Wie können Sie als Unternehmen, als HR-Verantwortlicher oder als Führungskraft das “An-Bord-holen” eines neuen Mitarbeiters so gestalten, dass es nicht zu vorzeitigen Kündigungen oder zu Demotivation in dieser frühen Phase kommt?
Ein Onboarding-Programm ist unerlässlich
Das Wichtigste: Sie lassen den neuen Mitarbeiter nicht ins kalte Wasser springen, sondern erleichtern und unterstützen den Integrationsprozess über einen längeren Zeitraum.
Deshalb werden unter dem Begriff Onboarding alle Aktivitäten eines Unternehmens zusammengefasst, die zur strukturierten und systematischen Integration neuer Mitarbeiter beitragen.
Ein systematisches Onboarding kann frühzeitige Kündigung nicht ganz vermeiden, denn nach wie vor ist es möglich, dass die beiderseitigen Erwartungen nicht in Übereinstimmung gelangen. Aber Fluktuation kann deutlich reduziert werden. Denn das Onboarding-Programm bestimmt wesentlich die Einstellung des Neueinsteigers zu seiner Arbeit, zum Chef und zur Firma.
Was soll durch Onboarding erreicht werden?
Die Ziele des Onboardings können Sie als erreicht betrachten, wenn nicht nur keine Kündigung innerhalb der Probezeit oder innerhalb von zwei bis drei Jahren (bei Festangestellten) erfolgt, sondern vor allem wenn der neue Mitarbeiter…
- sich fachlich rasch sicher fühlt und seine Aufgaben bestens bewältigt, weil er weder über- noch unterfordert ist und weil er seinen Stärken entsprechend eingesetzt und aufgrund seiner Talente gefördert wird.
- sozial gut ins Team integriert ist, als Teammitglied anerkannt wird und tragfähige Beziehungen zu seinem Vorgesetzten und anderen Abteilungen aufgebaut hat.
- auch kulturell integriert ist: Das heißt, er kennt die Unternehmenskultur und hat die Überzeugung, einen wichtigen Beitrag für das Unternehmen leisten zu können.
Welche Wirkung hat ein Onboarding-Programm?
Für viele Personalverantwortliche scheint es am Vordringlichsten zu sein, dass der neue Mitarbeiter schnell eine hohe Arbeitsleistung erreicht, wenn möglich nach einer minimal kurzen Einarbeitung. Dabei könnte mit einer systematischen Einarbeitung und Unterstützung viel mehr erreicht werden. Denn das Onboarding trägt dazu bei, dass der Mitarbeiter…
- die volle Leistungsfähigkeit schneller erreicht.
- längerfristig im Unternehmen verbleibt.
- sich motiviert und zufrieden fühlt.
- sein Wissen gerne intern einbringt und sich weiterentwickelt.
- weiß, wie er durch seine Aufgabenbewältigung zur Qualität der Produkte oder Dienstleistungen beiträgt.
- sich loyal gegenüber dem Unternehmen verhält.
- die Firma gerne als attraktiven Arbeitgeber weiterempfiehlt.
Wie lange dauert das Onboarding?
Der gesamte Onboarding-Prozess beginnt mit der Vertragsunterzeichnung und endet frühestens nach der Probezeit, spätestens nach einem Jahr.
Für Sie als Unternehmen ist es besonders effizient, wenn Sie die Aufgaben und Abläufe des gesamten Onboarding-Prozesses standardisieren, zum Beispiel indem Sie Checklisten und Leitfäden erstellen, Verantwortlichkeiten und Terminierungen festlegen. So sparen Sie Zeit bei jeder Neueinstellung und können nach jeder Einarbeitung Verbesserungen hinzufügen!
Wie kann der Onboarding-Prozess unterteilt werden?
Für Ihre Planung und Umsetzung ist sehr hilfreich, wenn Sie den Onboarding-Prozess in drei Phasen einteilen:
1) Vorbereitungsphase:
– Zeitspanne vom Beginn der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages bis zum ersten Arbeitstag –
Das Ziel dieser Phase ist es, das Signal eines professionellen Arbeitgebers zu geben, der sich um seine Mitarbeiter kümmert.
Aus Unternehmersicht sollten folgende Aufgaben erledigt werden:
• Wichtige Informationen zusenden – über das Gesamtunternehmen (zum Beispiel Leitbild, Unternehmensbroschüren), über den zukünftigen Arbeitsbereich, über Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung.
• Weisen Sie explizit darauf hin, als HR-Verantwortlicher jederzeit für Fragen zur Verfügung zu stehen.
• Klären Sie offene Fragen: Was benötigen Sie als Firma vom zukünftigen Mitarbeiter, damit Sie den Arbeitsplatz optimal vorbereiten können? Wird zum Beispiel ein Hort- oder Kindergartenplatz benötigt? Welche Arbeitszeiten sind Kernarbeitszeiten und in welchem Zeitfenster kann der Neue nach eigenen Zeit-Bedürfnissen arbeiten.
• Erstellen Sie einen Einarbeitungsplan, Stellenbeschreibung, Organigramm und Ähnliches mehr, falls noch nicht vorhanden.
• Bestimmen Sie einen Kollegen als Paten.
• Legen Sie als Vorgesetzter die Gesprächstermine zur Abstimmung über gegenseitige Erwartungen, Ziele und für Feedback der ersten drei Monate fest.
• Gestalten Sie den zukünftigen Arbeitsplatz und organisieren Sie die Arbeitsmittel (wie zum Beispiel: Telefon, Telefonnummer, E-Mail-Account, IT-Berechtigungen, Rechner, Schlüssel, Namensschilder etc.) beziehungsweise delegieren Sie diese vorbereitenden Aufgaben.
• Informieren Sie Kollegen und alle Beteiligten / Betroffenen über den Stellenantritt eines neuen Mitarbeiters.
2) Orientierungsphase:
– Zeitspanne vom ersten Arbeitstag bis circa dritter Monat –
Das Ziel dieser Phase ist es, den Mitarbeiter in seine Rolle und Aufgaben einzuführen, indem er das Unternehmen, die Menschen, Tätigkeiten, Organisation und Abläufe kennen- und verstehen lernt.
Die Firma muss für Folgendes sorgen:
1.Arbeitstag
• Begrüßung
• mit Kollegen bekannt machen
• Paten zuweisen
• Gespräch mit Vorgesetztem
• Arbeitsplatz kennenlernen
• Arbeitsabläufe und Tätigkeiten erklären
• Mappe mit Leitfäden, Stellenbeschreibung usw. übergeben
• Einführung durch Kollegen/Pate/Chef/HR, um handlungsfähig zu
werden: Schlüssel, Passwörter etc.
1. Arbeitswoche
• Größeren Überblick über Dienstleistungen und Produkte geben
• Umfassendere EDV-Einweisung geben
• erweiterte Aufgaben delegieren
• Kunden kennenlernen
• Gespräche mit dem Vorgesetzten über gegenseitige Erwartungen
• Usw. – je nach Tätigkeitsfeld, Unternehmensgröße, Branche
3) Integrationsphase:
– Zeitdauer von 3 bis 6 bzw. 12 Monate –
In dieser Phase geht es darum, den Neuen immer mehr ins Unternehmen zu integrieren und bei vielen Gelegenheiten selbst die Initiative und Umsetzung übernehmen zu lassen.
Die Firma unterstützt diese Zeitspanne durch:
- • Gemeinsame Einführungsveranstaltungen, Workshops, Informationswochenende bei mehreren neuen Mitarbeitern
• Vertiefung der Kundenkontakte
• Teamintegration – durch aktive Teambildung
• Wissensvermittlung
• Mitarbeit in Arbeitsgruppen und Projekten
• Fortbildungsangebote
• Feedbackgespräch
• Einführung in Strategie und Unternehmensziele
• Angebote zum beruflichen Netzwerken
• Usw. – je nach Tätigkeitsfeld, Unternehmensgröße, Branche
Wer ist beim Onboarding beteiligt?
Die beteiligten Akteure unterscheiden sich je nach Branche, Organisationsstruktur und Unternehmenskultur: Geschäftsleitung/Management, Personalabteilung, Kollegen, direkt Vorgesetzter. Letzterer sollte immer gemeinsam mit der HR-Abteilung die Verantwortung für den Gesamtprozess tragen und für die effektive Umsetzung sorgen. Personalmanagement und damit ein Onboarding-Programm gehören zu den Führungsaufgaben jeder Führungskraft!
Tipps, damit Ihr Onboarding-Programm erfolgreich wird
- Betrachten Sie Onboarding als bedeutenden HR-Prozess.
- Da zum Onboarding die Ein-Tages-Einführungsveranstaltung oder eine punktuelle Informationsübergabe nicht ausreicht, planen Sie eine längere Zeitdauer ein: beginnend mit der Einstellungszusage und frühestens mit der Probezeit – spätestens nach einem Jahr – endend.
- Behalten Sie sowohl die fachliche, die soziale wie die kulturelle Integration im Auge und fördern diese durch verschiedene Elemente.
- Bieten Sie Begleitung durch Paten an, die als Rollenvorbilder überzeugen.
- Standardisieren Sie den Einarbeitungsprozess. Stellen Sie Aktionen bereit, bei denen die Neueinsteiger gemeinsam Integrationsmaßnahmen durchlaufen. Und spezifizieren Sie gleichzeitig einige Maßnahmen individuell für jeden neuen Mitarbeiter.
Und last but not least: Geben Sie jedem Neueinsteiger die positive Bestätigung, dass mit ihm die richtige Wahl für diese Stelle getroffen worden ist und zeigen Sie dies deutlich gegenüber allen Organisationsmitgliedern – bei Meetings, Vorstellungsrunden, informellen und formellen Treffen!
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