+49 (0)4541 604558 info@simonsen-management.de

Von Führungsneulingen wird meist erwartet, dass sie die neue berufliche Situation auf Anhieb erfolgreich bewältigen, auch wenn sie bisher keine Erfahrung mit Personalführung oder Entscheidungsverantwortung gemacht haben. Ihre Vorgesetzte verdrängen dabei oft, dass das Einnehmen einer Führungsposition eine herausfordernde Angelegenheit ist, und sie sind dann erstaunt, wenn die neuen Führungskräfte innerhalb des ersten halben Jahres plötzlich in schwierigen Situationen mit einzelnen Mitarbeitern oder gar mit dem ganzen Team stecken.

Ein Beispiel: Zuerst scheint der Führungswechsel rund zu laufen. Die Mitarbeiter verhalten sich zwar zurückhaltend und abwartend. Abwehrendes Verhalten ist jedoch nicht wahrnehmbar. Erst nach einigen Monaten bekommt der neue Häuptling immer mehr Gegenwind von einer kleinen Mitarbeitergruppe: Seine Vorschläge für Verbesserungen werden zum Teil offen und zum Teil hinterrücks torpediert. Der Konflikt wird immer deutlicher und belastet die neue Führungskraft auch persönlich immer stärker.

Wie können die Führungskräfte die Probleme lösen?
Zwar werden Führungsnachwuchskräfte zu Seminaren wie zum Beispiel „Die ersten 100 Tage als Führungskraft“ oder „Vom Kollegen zum Chef“ geschickt. Doch Fortbildungen sind meist so konzipiert, dass Wissen auf Vorrat angehäuft wird – was für den Transfer in den praktischen Alltag nicht funktioniert.

Wie bekommt die neue Führungskraft Klarheit und Sicherheit für ihr Handeln?

©Image Point Fr / shutterstock.com

©Image Point Fr / shutterstock.com

Ein Erfolgsgarant für den Transfer von Wissen in die Führungspraxis ist die Kollegiale Beratung – ein Gruppenformat, in dem berufliche und persönliche Erfahrungen ausgetauscht, gemeinsames Lernen und Entwickeln von Kompetenzen gefördert werden.

Merkmale von Kollegialer Beratung
„Kollegiale Beratung ist ein strukturiertes Beratungsgespräch in einer Gruppe von Freiwilligen, in dem ein Teilnehmer von den übrigen Teilnehmern nach einem festen Ablauf mit verteilten Rollen beraten wird mit dem Ziel, Lösungen für eine konkrete berufliche Schlüsselfrage zu entwickeln.“ (Tietze 2012, S.11)

    Kollegiale Beratung …

    • ist ein freiwilliger, aber verbindlicher Austausch zwischen gleichberechtigten Kollegen.
    • ist ein zielgerichteter, selbstgesteuerter Lösungsprozess – klassisch ohne externe Fachperson.
    • hat einen gemeinsamen beruflichen Fokus: Tätigkeiten, Erfahrungen, Beruf o.Ä.
    • verläuft nach festgelegter Struktur und wechselnden Rollen (Moderator, Fallgeber etc.).

Kollegiale Beratung wirkt sehr vielfältig:

  • Professionalisierung von Führung: Durch das gemeinsame Reflektieren von Erfahrungen und durch gegenseitiges Ermutigen, neues Verhalten auszuprobieren wird das Repertoire an individuellen Kompetenzen erweitert: Führungs- und Methodenfähigkeiten, Kommunikations- und Coachingkompetenzen, Selbstreflexionsfähigkeit.
    • Führungskultur: Durch partnerschaftliches Vernetzen, durch Übernahme von Verantwortung für den eigenen Entwicklungsprozess entwickelt sich im Unternehmen eine unterstützende Führungskultur.
      • Motivation: Zu erfahren, dass man nach einer Kollegialen Beratung auch in schwierigen Situationen wirksam handeln kann, motiviert und beflügelt.
        • Befähigung: Durch das Bearbeiten von konkreten Führungssituationen entsteht ein Lernprozess, der auch zukünftig das Lösen von beruflichen Schwierigkeiten erleichtert.
          • persönliche Entlastung: Durch die Möglichkeit, schwierige Erfahrungen mit anderen zu teilen und emotionale Spannungsfelder abzubauen, kommt der kollegialen Beratung eine hohe Psychohygienefunktion zu.

            Wie unterscheidet sich Kollegiale Beratung und Coaching, und wo sind die Grenzen?

          • Kollegiale Beratung ähnelt dem Coaching, wird allerdings jedoch meist ohne externen Coach durchgeführt.
          • Kollegiale Beratung ersetzt professionelles Coaching nicht – aber kann es ergänzen, zum Beispiel bei komplexen und langfristigen organisatorischen Fragestellungen.
          • Kollegiale Beratung ist kein Entscheidungsgremium. Trotzdem können auch in einer solchen Runde Aspekte zur Entscheidungsfindung diskutiert werden und Optionen von anderen Gruppenmitgliedern erfragt werden.
          • Kollegiale Beratung sollte vermieden werden: bei hierarchischen Abhängigkeiten; wenn die Problematik alle Teilnehmer betrifft; bei Konflikten zwischen den Mitgliedern und bei privaten Themen.
            • Konzept der Kollegialen Beratung

              Auch wenn in Kollegialen Beratungen nicht die volle Professionalität wie in Coachingprozessen zum Einsatz kommt, können die teilnehmenden Gruppenmitglieder sich gegenseitig wertvolle beratende Unterstützung geben und damit berufliche Problemlagen erfolgreich lösen – durch das Anwenden von erlernbaren Beratungsmethoden.

              Idealtypisch wird Kollegiale Beratung in sechs Abschnitte eingeteilt:

                  a) Vorbereitung, Auswählen der Anliegen
                  b) Situationsschilderung, Klären von Fragen und Zielsetzung
                  c) Analyse der Situation und bilden von Hypothesen
                  d) Handlungsalternativen als Lösungen erarbeiten
                  e) entscheiden und planen nächster Schritte
                  f) auswerten und Thema abschließen

              Methodisch können unterschiedliche Tools angewendet werden – je nach Beratungsabschnitt, wie zum Beispiel Fischgrätendiagramm, Mindmapping, Beziehungslandkare, zirkuläres Fragen, Inneres Team, Rollenspiele, Skalierungen, Reflecting Team.

              Weitere Anwendungsfelder
              Kollegiale Beratungsgruppen sind nicht nur für das Entwickeln von Führungskompetenzen geeignet, sondern auch bei anderen Zielstellungen hilfreich – wie zum Beispiel während Umstrukturierungsprozessen, zur Teamentwicklung oder zur Personalentwicklung.

                Und wenn Sie Unterstützung benötigen, dann stehe ich gerne zur Verfügung.

                  • Ich unterstütze Sie, Kollegiale Beratung in Ihrem Unternehmen einzuführen und sorgfältig zu organisieren: Ziele definieren, interne Kommunikation klären, Gruppe bilden, Gruppenvereinbarungen treffen, Abläufe und Tools zur Lösungsorientierung anleiten, Rollen und Aufgabenübernahme klären etc.
                  • Rückzug aus der Moderation und Überleitung in eine selbstgesteuerte Beratungsgruppe – ohne externe Coaching-Begleitung
                  • Punktuelle professionelle Begleitung der Beratungsgruppe, je nach Bedarf und Ziel:
                      – Feedback des bisherigen Verlaufes
                      – Reflexion des Konformitätsdruckes der Gruppe
                      – Moderation von Gruppen-Konflikten
                      – Vermitteln von Fachexpertise beziehungsweise Anleiten von weiteren Beratungsinstrumenten

                  Literaturhinweise

                    – Lippmann, E. (2013), Intervision: Kollegiales Coaching professionell gestalten, 3.überarbeitete Auflage, Berlin Heidelberg: Springer Verlag
                    – Tietze, K.O. (2012), Kollegiale Beratung: Problemlösungen gemeinsam entwickeln, Reinbek: Rowohlt Verlag

                   
                  Und nun sind Sie dran: Ich freue mich, wenn Sie diesen Artikel in den sozialen Medien und mit Ihren Freunden teilen.