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Dieser Blogartikel ist mein Beitrag zur Blogparade von Ivan Blatter www.blatternet.ch, bei der es um den Umgang mit der Zeit geht, um den wichtigsten Tipp zum Zeitmanagement.

Zeit für Müßiggang und Muße

Fotoquelle: ©Richard / pixelio.de

Mein Tipp lautet:
Zum Zeitmanagement gehört auch der Müßiggang und die Muße!
Das ist mir gestern Abend im Schauspiel „Leonce und Lena“ von Georg Büchner im Theater Lübeck auf besondere Weise deutlich vor Augen geführt worden.

Der große Schriftsteller, demokratische Revolutionär und Naturwissenschaftler Georg Büchner (geb. 1813, gest. 1837) lässt Prinz Leonce beklagen: „Es krassiert ein entsetzlicher Müßiggang. – Müßiggang ist aller Laster Anfang. – Was die Leute nicht Alles aus Langeweile treiben! Sie studieren aus Langeweile, sie beten aus Langeweile, sie verlieben, verheiraten und vermehren sich aus Langeweile und sterben endlich an der Langeweile…“
Der Prinz entpuppt sich selbst als herausragender Vertreter der fürstlichen Langeweile: spucken, Sand werfen, Wolken beobachten, Zeit totschlagen und Ähnliches mehr.

Warum wird der Müßiggang in die Nähe des Lasters gerückt, ja im Lustspiel sogar als Ursache des Lasters bezeichnet? Auch im Lexikon wird Müßiggang mit Faulheit bezeichnet, und Faulheit hat in jedem Fall einen Platz auf der Liste der Laster.

Aber eigentlich ist Müßiggang der Gang zur Muße, der Gang in eine von Pflichten freie Zeit. Heutzutage nennen wir diese Zeit des Nichts-Tuns auch dolce farniente, Zeit zum Relaxen oder Chillen in der Jugendsprache.

Wie kann es uns gelingen – trotz des negativen Beispiel von Büchners Leonce – eine bejahende Haltung zum Nichts-Tun zu gewinnen?

Im philosophischen Sprachgebrauch wird mit Muße eine vita contemplativa verbunden, und ist deshalb seit der griechischen Antike von positiver Bedeutung. Ein kontemplatives Leben führen heißt, das Leben in seinem eigentlichen, dem Menschen zukommenden Sinne zu führen. Die vita contemplativa, die Nietzsche als das Spazierengehen mit Gedanken und Freunden beschreibt und die gewöhnlich mit dem Wort Beschaulichkeit übersetzt wird, ist auch Wesensmerkmal klösterlichen Lebens. Die Mühen der Arbeit, das Ziele-Setzen und Aufgaben-Erledigen, all das Aktivsein sind im Vergleich zur Ruhe des gekonnten Müßiggangs geistlose Aktivitäten.

Faulheit, Nichtstun, Müßiggang, Muße, Kontemplation haben sicher nicht die gleiche Bedeutung. Ihre Unterscheidung liegt im Grad der Nützlichkeit, die wir den Begriffen zuordnen. Während Faulheit als eher verwerflich angesehen wird, Müßiggang als notwendige Auszeit zur Arbeitszeit und Erholung von Stresssituationen oder körperlichen Belastungen, geht Muße mit leichten, vergnüglichen Tätigkeiten einher, und Kontemplation führt zu innerer kreativer Schöpferkraft. Eines haben diese Begriffe aber gemeinsam: Sie wenden sich ab von sinnlos gewordenem Handeln.

Der Mensch braucht Arbeit – zur Selbstverwirklichung, zur Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens, zum Broterwerb. Leider ist es zwischenzeitlich so, dass die Versuchung, Workaholic zu werden, größer ist, als Müßiggänger zu sein.
Wir stehen ständig unter Druck. Immer schnellere und dichtere Arbeitsabläufe haben unser Leben beschleunigt und eine Spirale in Gang gesetzt, in der für Muße und Entspannung kaum Platz zu sein scheint.
Müßiggang wurde uns abgewöhnt. Wenn schon, dann nehmen wir uns Zeit, aber eigentlich haben wir sie nicht. Gerne berichten wir deshalb den anderen, womit wir gerade beschäftigt sind – denn einfach Zeit zu vertrödeln, den Gedanken nachzuhängen, führt ebenso zu Stress.

Ursprünglich ist der Sonntag als Tag erkoren, die Arbeit ruhen zu lassen, aus dem Arbeitsrhythmus auszusteigen, um sich Zeit zu nehmen für das, was neben der Arbeit unbeachtet bleibt. Aber wer von uns Solo-Unternehmer schafft es schon, sich sonntags immer nur der Muße zuzuwenden?

Segeln auf dem Ratzeburger See

©Barbara Simonsen – Müßiggang am Ratzeburger See

Die wahre Kunst besteht sicherlich darin, Muße und Arbeit, Passivität und Aktivität, Tun und Geschehenlassen miteinander in Einklang zu bringen.
Das Nichtstun lernen, mir bewusst Zeit zu nehmen, mich aus den täglichen Anforderungen heraus zu nehmen, scheinen mir immer wichtiger zu werden.
Zum Beispiel gerade jetzt in der Sommerferienzeit bietet es sich in idealer Weise an: Sein zu können – anstatt tun zu müssen!
Musik hören, singen, malen, im Garten grümscheln (Achtung: schweizerische Wortschöpfung), gehen, mich auf dem Fahrrad treiben lassen, dösen, lesen, am Wasser liegen, den Mücken und Libellen und Wolken zuschauen…

Ich nehme mir fest vor, die Zeit der Muße ohne schlechtes Gewissen wahrzunehmen – auch als Unternehmerin. Und wenn sich diese Zeit nicht anbietet, dann werde ich versuchen, mir ab und zu die Zeit zum Müßiggang zu nehmen. So nach dem Motto:
Müßiggang ist des wahren Lebens Anfang!

Ich freue mich über Ihre Anregungen zum Müßiggang und zur Muße! Genießen Sie die SommerZEIT!