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100 Jahre alt werden und 60 Jahre lang erwerbstätig sein. Können Sie sich das vorstellen? So begann am 26.11.14 Margaret Heckel ihren Vortrag in der Körber Stiftung Hamburg im Rahmen des Symposiums „Länger leben – länger arbeiten“.

Foto Demografiefeste Personalpolitik

©Anna-Mari West / Shutterstock.com

Es ist nicht zu übersehen: Die Zahl der Hundertjährigen steigt enorm; in den vergangenen 30 Jahren hat sich die Zahl in Deutschland ungefähr verzehnfacht. Dieser Trend wird sich fortsetzen und das Leben als Hochaltriger wird für uns beziehungsweise für unsere Nachkommen normal werden. Mit der gleichzeitig sinkenden Geburtenrate verschärft sich jedoch auch die Situation am Arbeitsmarkt. Eine längere Erwerbstätigkeit wird deshalb unausweichlich werden.

Die Frage, die Unternehmen möglichst frühzeitig beantworten müssen, lautet deshalb: Wie können die Potenziale der älteren Mitarbeiter genutzt, wie können Arbeitsfähigkeit und Motivation erhalten und gefördert werden? Denn davon werden Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen entscheidend abhängen!


Potenziale der Älteren nutzen

Die Potenziale der Älteren anzuerkennen, bedingt auch, unsere bisherigen Vorstellungen vom Alter über Bord zu werfen. Denn diese haben sich in empirischen Studien längst als Mythen erwiesen (siehe auch Bruch et al.(2010) “Generationen erfolgreich führen”, S.53ff) : Die Lernfähigkeit nimmt im Alter nicht ab. Wir sind bis zum letzten Atemzug lernfähig! Allerdings gibt es einen Zusammenhang zwischen körperlicher Fitness und der Alterung des Gehirns. Und die Produktivität sinkt mit zunehmendem Alter auch nicht automatisch: Die Älteren mögen zwar nicht mit Schnelligkeit glänzen, jedoch mit Genauigkeit und vor allem mit Erfahrung und Kompetenz.


Arbeit ist schlecht organisiert und demotivierend

Diese Einsichten lassen auch erkennen, dass Frühverrentungskonzepte völlig kontraproduktiv sind (siehe Rente mit 63). Allerdings zeigt die Realität ebenfalls, dass die meisten der derzeit älteren Beschäftigten sehr demotiviert und unzufrieden sind mit ihrer Arbeit und lieber heute als morgen die Stelle aufgeben möchten. Länger leben? Ja! Länger arbeiten? Nein!
Die Vorstellung einer frühen Rente verheißt erstmal Freiheit. Oft ist diese jedoch nach zwei Jahren verpufft und es tritt Langeweile ein, falls nicht sinnstiftende Aufgaben übernommen werden können.
Andererseits gibt es auch Beschäftigte, die sehr gerne länger im Unternehmen weiterarbeiten möchten, wenn man sie denn ließe.

Neue Möglichkeiten für die Beschäftigung im Unternehmen entwickeln

Eine demografiesensible Personalpolitik fängt früh damit an, die Arbeitsfähigkeit und Leistungsbereitschaft aller Mitarbeitenden in den Blick zu nehmen – sozusagen präventiv.
Hierfür ist es wichtig, mit einer Bestandsaufnahme des Personals zu beginnen: Altersstruktur, Qualifikationen, am Arbeitsplatz erworbene Kompetenzen, Arbeitsverträge, Arbeitszeiten und Ähnliches mehr. Aber auch Lebenssituationen (z.B. Pflege von Angehörigen) und Interessen (z.B. Karriereanliegen, gewünschte Auszeiten) müssen als berechtigte Bedürfnisse erkannt und berücksichtigt werden.

Erst auf dieser Basis ist es möglich, mit generationenangepassten und eventuell sehr individualisierten Maßnahmen die Ziele sowohl der Unternehmensstrategie wie auch diejenigen der Mitarbeiter zu erreichen.

Das tönt nach einem schwierigen Unterfangen? Ist es auch! Solche Umsetzungsmaßnahmen benötigen langfristige Konzepte und einen langen Atem. Chancen für gute Ergebnisse haben am ehesten Maßnahmen, die als Pilotprojekte eingeführt werden, die auf Mitarbeiterbefragungen fußen, die die Betroffenen in Entscheidungen und Realisierung einbinden, die eine Evaluation vornehmen und Verbesserungen integrieren. Denn was die älteren – wie auch die jüngeren – Mitarbeiter nicht mögen, ist überrollt zu werden. Und Appelle helfen ebenfalls selten, wenn es um die Bereitschaft für Veränderungen geht!

Empfehlungen zur Stärkung

    der Leistungsfähigkeit

    • Fördern Sie die Kompetenzentwicklung in jedem Alter und auf jeder Hierarchiestufe.
    • Schaffen Sie Möglichkeiten, die Lebensarbeitszeit zu “entzerren” – durch Angebote für situationsgerechte Zeitmodelle, mit Wahlarbeitszeiten, mit Teilzeiten, mit Regenerations- und Auszeiten.
    • Stimmen Sie bei Bedarf der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege von Angehörigen zu.
    • Ermöglichen Sie, wenn gewünscht, einen flexiblen Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand.
    • Reduzieren Sie die Arbeitsbelastungen: Entwickeln Sie Ideen, wie Tätigkeiten und Arbeitsplätze gewechselt werden können, wie mehr Pausen eingelegt werden können und trotzdem die Arbeitszeit erreicht wird.
    • Lassen Sie – bei Interesse – einen Wechsel von einer Führungskraft zur Fachkraft zu.
    • Führen Sie ein betriebliches Gesundheitsmanagement ein: Fitnessangebote für alle, Anleitung für ergonomisches Arbeiten. Fördern Sie die Gesundheit nach Kur- und Rehaaufenthalten weiter.

     
    der Leistungsbereitschaft

    • Organisieren Sie Arbeit in dezentralen, altersgemischten Teams.
    • Geben Sie Verantwortung und Entscheidungskompetenzen ab.
    • Erlauben Sie mehr Autonomie über die Prozesse am Arbeitsplatz und kontrollieren Sie weniger.
    • Binden Sie die Älteren mit ihren Expertenfähigkeiten in Strategieentwicklung und Umsetzung ein.
    • Vernetzen Sie das Wissen der Jungen mit den Erfahrungen der älteren Belegschaft, zum Vorteil aller.
    • Ernennen Sie ältere, geeignete Mitarbeiter als Mentoren.
    • Sensibilisieren Sie die Führungskräfte für die spezifischen Belange der Älteren und achten Sie auf Wertschätzung gegenüber allen Generationen und jedem Einzelnen.

Umsetzungshilfe bekommen Sie hier

Da liegt viel Umsetzungsarbeit vor Ihnen – als Unternehmen? Als Führungskraft? Als Personalentwickler oder Personalentscheider?

    Zum Glück gibt es beispielhafte Betriebe, die sich schon seit einiger Zeit auf den Weg der Umsetzung gemacht haben, wie z.B. die Otto Group, BASF, Berliner Stadtreinigung, etliche öffentliche Verwaltungen (nachzulesen in Broschüren der Körber Stiftung).

    Die Körber Stiftung stellt etliche Broschüren und Berichte zum Thema „Ältere in der Arbeitswelt“ zur Verfügung.

    Interessante Impulse finden Sie in den Büchern von Margaret Heckel, die auf Forschungsergebnisse gestützt sind: „Aus Erfahrung gut. Wie die Älteren die Arbeitswelt erneuern“ oder „Die Midlife-Boomer: Warum es nie spannender war, älter zu werden“

    Praktische Anregungen finden Sie in den Publikationen von Rudolf Kast auf der Website Personalmanufaktur. Als ehemaliger Unternehmer bringt er viel Erfahrungswissen für die Herausforderungen eines demografiefesten Personalmanagements mit.

    Das Demographie-Netzwerk – ddn“, deren Vorsitzender Rudolf Kast ist, ist ein Netzwerk für Analyse, Beratung und Austausch von Erfahrungen – 18 Regionalgruppen und Arbeitskreisen organisiert.

Das Beste zum Schluss

Foto Demografiefeste Personalpolitik

©Natasha Breen

Beim Symposium der Körber Stiftung nannte Margaret Heckel einen Erkenntnissatz, der mir als „Ältere“ besonders gut gefiel: „Im Alter sind wir glücklicher denn je zuvor“. Ich empfinde dies jetzt schon so, obwohl die Glückskurve angeblich erst mit circa 80 Jahren den Höhepunkt erreichen wird…

Ich hoffe, Sie genießen Ihre Schaffenskraft – ob jung oder alt. Und ich wünsche Ihnen, dass es Ihnen gelingt, Ihre Personalführung so zu gestalten, dass Menschen aller Generationen mit Freude bei und mit Ihnen tätig sind. Das wäre eine tolle Anerkennung für Sie als Unternehmen und als Führungskraft und ein tolles Projekt für 2015!

 
Und nun sind Sie dran:
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